Das Lied der Deutschen

Inhalt:

- Entstehung
- Historischer Hintergrund
- Textverständnis
- Melodie
- Weitere Entwicklung
- Vergleich mit anderen Hymnen


Dieses Lied, oft auch fälschlicherweise "Deutschlandlied" genannt, wird oft mißverstanden und falsch interpretiert. Um eine objektive Betrachtung zu ermöglichen, hier einige Gedanken:

Entstehung:

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) dichtete den Text im Jahre 1841 auf der damals britischen Nordseeinsel Helgoland. Hoffmann war Professor für Germanistik an der Universität Breslau. Er war ein liberaler Demokrat und setzte sich für die Einheit des damals zersplitterten Deutschlands ein, was sich in seiner patriotischen und burschenschaftlich - demokratischen Lyrik zeigt. Hoffmann war Mitglied der Göttinger und Bonner Burschenschaft. Er wurde seiner Professur enthoben und des Landes verwiesen. Als Vorlage für die Melodie benutzte er das von Joseph Haydn (1732-1809) 1797 komponierte "Kaiser-Quartett" (opus 76, Nr.3), welches er zu Ehren Franz II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, komponierte.

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Historischer Hintergrund:

Im Exil auf Helgoland war Hoffmann von Fallersleben voll Sehnsucht nach seinem Vaterland, das es eigentlich seit 1806 nicht mehr gab, denn der 1815 geschaffene "Deutsche Bund" war ein autoritärer Polizeistaat von Metternichs Gnaden, mit Wien als Hauptstadt.
Da aber keine Ansätze zu einer echten Einigung getroffen worden waren, wurde der Wunsch nach einem einigen Vaterland das zentrale Anliegen der fortschrittlichen Kreise, speziell der Burschenschaft. Das Wartburgfest 1817 und das Hambacher Fest 1832 zeigten diese Forderung deutlich.

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Textverständnis:

Hoffmann von Fallersleben war voller Sorge um des Vaterlandes Schicksal und erfüllt nach einem demokratischen, freien und geeinten Deutschland. Deshalb schrieb er "Deutschland, Deutschland über alles". Dies war kein Hochmut, keine Überheblichkeit, keine imperialistische Gesinnung oder gar Herrschafts- oder Gebietsanspruch. Es war der ehrliche Wunsch nach Überwindung alles Trennenden und nach der Einigung Deutschlands, das damals aus vielen Einzelstaaten bestand.

"Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt" reichten damals die Grenzen des Deutschen Bundes, in dem Menschen lebten, die trotz mannigfaltiger stammesunterschiedlicher Eigenarten Deutsche waren.

Die westliche Grenze des deutschen Raumes bildete die Maas, ein Fluß der in der Hochebene von Langres entspringt, durchs nördliche Lothringen, durch die Ardennen, vorbei an den Städten Namur und Lüttich fließt und mit dem südlichen Rheinarm in Holland in die Nordsee mündet. Dem Niederrhein gegenüber markiert die Maas die westliche Grenze des deutschen Volks- und Sprachgebietes.

Die östliche Grenze des deutschen Raumes bildete die Memel, ein Fluß der südlich von Minsk entspringt, sich unterhalb von Tilsit teilt und in Ostpreußen ins Kurische Haff mündet. Die Memel war für Jahrhunderte auf insgesamt 500 km Länge deutscher Grenz bzw. Binnenfluß.

Im südlichen Grenzgebiet des deutschen Raumes fließt die Etsch, ein Fluß der am Reschenpaß entspringt, den Vinschgau durchfließt und am Nordrand des Po-Deltas in die Adria mündet.

Die nördliche Grenze des deutschen Raumes bildete der Belt, genauer gesagt der "Kleine Belt" zwischen Fünen und Jütland. An diesem endet der Siedlungsraum des deutschen Volkes.

"Einigkeit und Recht und Freiheit" sollten die Grundsäulen eines neuen gesamtdeutschen parlamentarischen Vaterlandes sein: die alten burschenschaftlichen Ideale, die schon am Wartburgfest 1817 erhoben worden waren.

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Melodie:

Hoffmann von Fallersleben wählte die Melodie der von Joseph Haydn geschaffenen Kaiserhymne: "Gott erhalte Franz den Kaiser, unsern guten Kaiser Franz", die sich auf den in Wien residierenden Kaiser Franz II. bezog. Dieser war der letzte deutsche Lothringer-Habsburger Kaiser. Haydn hatte mit dieser Melodie eine der schönsten Hymnen der Welt geschaffen, von der er selbst sagte:

Ich spiele das Lied an jedem morgen
und oft habe ich Trost und Ergehung daraus genommen,
in den Tagen der Unruhe...
Mir ist herzlich wohl, wenn ich es spiele,
und noch eine Weile nachher.
 
 

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Weitere Entwicklung:

1848: Die Hymne wird bei der Freiheitlichen Revolution von den Teilnehmern der Versammlung in der Frankfurter Paulskirche begeistert gesungen.

1871: Bei der Reichsgründung wird das "Lied der Deutschen" nicht zur Hymne erkoren, was Hoffmann von Fallersleben sehr enttäuschte.

1918: Nach der Niederlage Deutschlands im I. Weltkrieg wird das "Lied der Deutschen" von den Besatzern verboten.

1922: Der sozialdemokratische Reichspräsident, Friedrich Ebert, erhob durch einen Erlaß das "Lied der Deutschen" am 11. August 1922 zur offiziellen deutschen Nationalhymne. Er sagte: "So wie einst der Dichter, so lieben wir heute Deutschland über alles."

1930: Am 18 Februar 1930 verkündete der sozialdemokratische Stadtschulrat für Wien anläßlich der Einführung der Kernstock-Hymne: "Eine der schönsten Melodien Haydns wurde in den ersten Jahren der Republik in den Wiener Schulen weniger geübt.  ... Der schönen österreichischen Melodie hat auch Hoffmann von Fallersleben einen Text unterlegt, der als "Deutschlandlied" der gefühlsmäßige und auch der offizielle Ausdruck des Einheitsbewustseins de gesamten deutschen Volkes ist. Wir haben als Österreicher und als Deutsche allen Grund, unserer Jugend das Deutschlandlied mit dem Text von Hoffmann von Fallersleben ... näherzubringen. Der Stadtschulrat erwartet, daß diese Lied in allen Schulen geübt und bei geeigneten Anlässen gesungen wird, um so die nationale und republikanische Erziehung der Jugend zu fördern."

1933: Die erste Strophe wurde von den Nationalsozialisten zu einem Vorspann für das Horst-Wessel-Lied erniedrigt. Die zweite Strophe mit  ihrer romantischen Verherrlichung paßte nicht in das Konzept des revolutionären Sozialismus und die dritte Strophe stieß wegen ihres demokratischem Gehaltes ("Einigkeit und Recht und Freiheit") auf Ablehnung dieses Unrechtstaates.

1952: Das gesamte Lied wird Hymne des deutschen Teilstaates, der Bundesrepublik Deutschland. In einem Briefwechsel zwischen dem ersten Bundespräsidenten, Theodor Heuss, und Bundeskanzler Konrad Adenauer wurde das Hoffmann-Haydn'sche Lied wieder als Nationalhymne anerkannt. Ausdrücklich bilden alle drei Strophen die Hymne. Bei staatlichen Veranstaltungen soll jedoch nur die dritte Strophe gesungen werden. Gerade ihr Text - "Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland" - konnte die Lage des gespaltenen Deutschlands lange Zeit eindrucksvoll bewußt machen.

1989: Beim Eintreffen der Nachricht vom Fall der Berliner Mauer wurde es spontan im Deutschen Bundestag gesungen, nur einige Abgeordnete der Grünen flüchteten verstört aus dem Plenarsaal.

1991: In einem Briefwechsel zwischen Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohl wird die dritte Strophe des Deutschlandlieds zur Nationalhymne erklärt. Festgehalten ist dies auch im Bundesgesetzblatt Teil I 1991, Seite 2135

1998: In einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit am 3.Oktober 1998 bestätigt der Bundesratspräsident, Gerhard Schröder, daß die dritte Strophe des Deutschlandlieds Nationalhymne bleibt. Es gab Stimmen, bzw. Parteien, die das "Kinderlied" von Berthold Brecht als Nationalhymne forderten. Die Rede des Bundesratspräsidenten ist hier nachzulesen

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Vergleich mit anderen Hymnen:

Jede Dichtung muß man aus der Zeit der Entstehung erklären. Andere Hymnen enthalten oft recht kräftige Formulierungen, wie zum Beispiel:
die französische Marseillaise: "... das unreine Blut möge unserer ÄckerFurchen tränken... "
die Hymne der USA: "... Handgranatenblitze und grellrote Raketen bezeugen durch die Nacht, daß die Fahne noch loht... "

Warum protestiert eigentlich niemand gegen die militanten Teile dieser Hymnen und verlangt deren Umdichtung?
Nun, weil diese Hymnen ebensowenig Aufrufe zu Mord und Kriegslust sind, wie das "Lied der Deutschen" imperialistische oder chauvinistische Ideen enthält.

Hoffmann's "Lied der Deutschen" ist kein Lied der Macht und des Chauvinismus; es ist ein Lied der Innigkeit und der Sehnsucht.

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